Digitalisierung in der Baubranche durch Design Thinking

Mit Design Thinking zu konkreten Ansätzen!

Die Baubranche steht mit der Digitalisierung vor einer großen Herausforderung – der Entwicklung neuer gewinnbringender digitaler Services und Produkte. Vor diesem Hintergrund haben es sich zwei etablierte Bauunternehmen in einer Kooperation zum Ziel gemacht, gemeinsam erfolgsversprechende Produkt- und Serviceinnovationen zu identifizieren und umzusetzen. In der Rolle als Agile Coaches haben wir bei dieser Zielsetzung unterstützt und dafür den Design Thinking Ansatz neu interpretiert. Mit einem hybriden Konzept ist es uns gelungen, 4 konkrete und anwendungsbezogene Digitalisierungskonzepte für die Baubranche zu entwickeln.

Die Herausforderung

Die Entwicklung neuer digitale Services

Die Digitalisierung stellt die Baubranche vor neue, umfassende Herausforderungen. Trotz oder geraden wegen guter Umsätze und voller Auftragsbücher tut sich die Baubranche in Sachen Digitalisierung schwer. Verschiedene Ökosysteme im Datenaustausch, Standardisierung von Prozessen, Rationalisierung sowie der Mangel an „digitalen“ Mitarbeitern sind nur vier Hürden, neue digitale Services zu entwickeln.

Folglich fällt es der Branche schwer, kreativ und anwendungsorientiert nach neuen digitalen Services zu suchen. Diesem Problem haben wir uns gemeinsam mit zwei in der Baubranche etablierten Unternehmen gestellt, die in gemeinsamer Kooperation neue Produkt- und Serviceinnovationen entwickeln wollten. Um dies zu ermöglichen, haben wir in der Rolle als agile Coaches in einem hybriden – CORONA konformen – Konzept den Design Thinking Ansatz neu interpretiert. Ziel war es, damit gemeinsamen schnell zu konkreten Lösungen im Kontext der Digitalisierung in der Baubranche zu kommen.

Double Diamond Design Thinking Prozesse

Vom Problemverständnis zur direkten Lösungsfindung!

In einer virtuellen Workshopreihe haben wir zunächst für beide Unternehmen interessante und bedeutende Zielgruppen, Kompetenzen sowie zentrale Digitalisierungstrends identifiziert. Es war beeindruckend, dass – trotz räumlicher Distanz – durch geschickte Moderation und den Einsatz spielerischer Elemente fachliche und praktische Tiefe im gemeinsamen Verständnis von Kunde, Kompetenzen und Trends erlangt werden konnte. Nach diesem inspirierenden Austausch konnten in T-Shaped Teams konkrete Fragestellungen formuliert und im Gesamtplenum „gepitched“ werden. Ergebnis war zum einen die Identifizierung von gemeinsamen Innovationspotenzialen in einem iterativen Prozess. Zum anderen wurden zwei interessante Innovation-Challenges formuliert, für die Teilnehmer aus beiden Unternehmen gezielt nominiert werden konnten.

Nach dem ersten Lock-Down konnte unter Einhaltung der Hygienebedingungen nachfolgend wie geplant der Folgeworkshop vor Ort stattfinden. Als erfahrene Design-Thinking Coaches haben wir uns aufgrund der  erfolgten Vorarbeit und der zeitlichen Restriktion für einen fünfstufigen Design Thinking Prozess entschieden.

Für die zwei Innovation-Challenges konnten je Gruppe jeweils 8 Personen nominiert werden. Am Anfang des Workshops galt es zunächst, sich in das Thema einzufinden, Gruppendynamik und Atmosphäre zu schaffen sowie ein gegenseitiges Verständnis über die Erwartungshaltung zu erlangen. Nachdem die Position der beiden Partnerunternehmen in der Wertkette, deren Zielgruppe und vor allem die gemeinsamen Kompetenzen beider Unternehmen klar definiert waren, sollten möglichst schnell gemeinsam Ideen und konkrete Ergebnisse erarbeitet werden.

Um in der „Emphathize“ Phase ein zugleich umfassendes, aber auch tiefes Verständnis für Gegenstandsbereich und Zielgruppe zu entwickeln, kamen als Instrumente die Charette mit potenziellem Nutzer; Problem & Bedürfnis; Thema & Idee; die Persona und die Customer Journey entlang des Bauprozesses zum Einsatz.

Nachdem der Problemraum geöffnet wurde, galt es in der nächsten Phase „Define“ den Problemraum einzugrenzen und im Ergebnis eine konkrete Fragestellung zu formulieren. Wir greifen hier gerne auf das Muster für Fragestellungen „How might we“ zurück, in dem die Fragestellungen zum Objektbereich, Person und Ergebnis der Lösung integriert sind:

Wie können wir [Objekt] …für [Persona]…so dass … [Ergebnis der Lösung]?“

Hilfreich ist neben der Formulierung der Fragestellung zudem die Visualisierung der zentralen Stärken und Trends.

In der Phase „Ideate“ galt es nun, mit einem guten Mix aus Kreativtechniken eine Vielzahl von Rohideen zu generieren. Hier gilt Quantity breeds Quality! Es soll ein möglichst breiter Lösungsraum generiert werden und dies gelingt nur, wenn die Ideengenerierung strikt von der Ideenbewertung getrennt ist. Wir beginnen in diesem Kontext gern mit einem Brainwriting, in Zuge dessen die Teilnehmer ihre initiativen Gedanken zu Papier bringen. Im Folgenden nutzen wir sowohl konfrontierende als auch intuitiv verstärkende Kreativtechniken, um neue Denkansäte zu fördern. Als letzte Technik nutzen wir die Cracy 8 Technik, in der Ideen gezeichnet und explizit nicht aufgeschrieben werden sollen. Nach ca. 90 Minuten Ideengenerierung konnten durch diese Techniken an die 500 Rohideen generiert werden. Als Moderator ist dabei insbesondere auf eine gute Visualisierung der Rohideen zu achten, denn nur so kann das anschließende Rohideen Shopping zielführend gelingen. Ziel des Ideen Shoppings ist, dass sich die Teilnehmer für die jeweils 3-5 spannendsten Ideen entscheiden und für diese anschließend in 2er Teams jeweils einen Ideensteckbrief ausarbeiten. Der Ideensteckbrief beinhaltet einen griffigen Titel, eine kurze Beschreibung, eine Skizze sowie den durch die Idee erzielbaren Nutzen für die Persona.

Die „Prototype“ Phase beginnt mit einem Pitch der Ideensteckbriefe. Das Team entscheidet dann, welche zwei Ideensteckbriefe weiter auszuarbeiten sind. Gern lassen wir die Idee mit Lego Serios Play bauen und auch präsentieren. Die Ausarbeitung einer Idea CANVAS mit „Problem“, „Lösung“, „Kunden-/Anwendergruppe“, „Kundennutzen“ sowie einer „Ideenskizze“ / einem „Ideenkonzept“ ist Pflicht für jeden Prototypen. Dabei ist im Briefing darauf zu achten, dass später nicht nur die Idee selbst, sondern auch die Qualität der Präsentation entscheidend sind. Es empfiehlt sich eine kurze Übung zum „Storytelling“.

Damit die „Testphase“ im Nachgang der Präsentation erfolgen kann, ist neben der Ideenpräsentation auch eine Test- und Learningcard auszuarbeiten. In diesem Dokument werden Grundannahmen zu Problem und Lösung transparent dargestellt. Zudem wird überlegt, welche Fragen oder Anzeichen auf Seiten potenzieller Kunden ein Indiz für die Richtigkeit der Annahmen sein können. Abschließend gilt es, das Feedback des Teams zur Präsentation in punkto „hier lagen wir richtig“ oder „das hat uns überrascht“ festzuhalten.

Das Ergebnis

Ableitung konkreter Digitalisierungspotenziale

Ein guter Design Thinking Workshop nimmt am Ende Bezug auf die Erwartungen der Teilnehmer, die mit konkreten Ergebnissen und einem Tageserfolg nach Hause gehen wollen. Daher sollte sowohl eine saubere Dokumentation erfolgen als auch eine verbindliche Aussage an das Team, wie es mit den generierten Ideen im Folgenden weitergehen soll, getroffen werden.

Die Kooperationspartner waren sehr zufrieden und beeindruckt, dass aus über 300 Rohideen, 13 Ideensteckbriefen und 1200 Legobausteinen im Ergebnis 4 konkrete und lebhaft präsentierte Konzepte entstanden sind.

Jetzt heißt es gemeinsam dran bleiben!