Unter der Woche das Pfannkuchen-Frühstück mit der Familie genießen. Mit Yoga oder einer Meditation bewusster in den Arbeitstag starten. Mittags spazieren oder joggen gehen, um einen frischen Kopf zu bekommen. Termine flexibel verlegen.

Spätestens seit Beginn der Corona-Pandemie können diese Aktivitäten leichter in den Arbeitsalltag integriert werden und das Arbeiten im Home-Office (HO) ist nun keine Seltenheit mehr. Laut der europäischen Stiftung „Eurofound“ arbeitet seitdem etwa ein Drittel der Belegschaft europäischer Unternehmen von zuhause aus (Stand: Dezember 2020). Im Zuge dieser Entwicklung haben wir einen genaueren Blick auf die tatsächliche Situation zuhause geworfen. Dafür haben wir in über 35 qualitativen Interviews erörtert, wie die Grundstimmung im HO ist, welchen Herausforderungen oder Veränderungen sich unsere Befragten stellen und insbesondere welche persönlichen Möglichkeiten sich aus dem HO ergeben haben.

In diesem Artikel stellen wir einige Ideen vor, die Arbeitgeber*innen dabei helfen können, diese Entwicklung als Chance zu nutzen. Das Ziel sollte nicht nur sein, zu Hause das ideale Bürogefühl zu schaffen, sondern Mitarbeiter*innen auch bei deren Arbeitseffizienz zu unterstützen. Unternehmen brauchen neue und praktische Konzepte, um Mitarbeiter*innen durch das HO zu begleiten und zu leiten. Dabei ist insbesondere die Einrichtung und Ausstattung der HO-Arbeitsplätze zu berücksichtigen. Nur wenn diese an individuelle Wohn- und Arbeitssituationen angepasst werden, können Arbeitseffizienz und Mitarbeiterzufriedenheit sichergestellt werden.

Welche Möglichkeiten ergeben sich aus dem HO?

Der Wegfall von Arbeitsweg oder Reisezeiten erlaubt es Arbeitnehmer*innen oft, ihren Arbeitsalltag zeitlich flexibler zu gestalten. So kann je nach Vorliebe entschieden werden, ob der Arbeitstag sofort nach dem Aufstehen beginnen soll, oder die Mittagspause um einen längeren Spaziergang oder Sportaktivitäten erweitert wird. Beide Möglichkeiten bieten Vorteile: Ein früherer Arbeitsbeginn bedeutet, dass – solange das Aufgabenpensum es zulässt – der Feierabend nach der Mittagspause bereits greifbar ist. Arbeitnehmer*innen arbeiten motivierter und zielorientierter. Die aktive Mittagspause trägt dagegen dazu bei, wieder ausgeruhter und entspannter in die Arbeit zu starten.

Einige Befragte haben zudem eine feste Morgenroutine konzipiert und beginnen ihren Arbeitstag beispielsweise mit Yoga und/oder Meditationen, um so ihre Erwartungen an den Tag und die anstehenden Aufgaben gedanklich zu visualisieren.

Der Mehrheit unserer Befragten zufolge steigen im HO besonders beim Bearbeiten von konzeptionellen Aufgaben Konzentration und Effizienz. Zusätzlich haben einige zuhause nicht das Gefühl, einer vermeintlichen Beobachtung durch das Management oder Kollegen ausgesetzt zu sein, wodurch sie sich selbst weniger unter Druck setzen.

Zudem wurde oft insbesondere die Vereinbarkeit von Familie und Beruf angesprochen. Unsere Umfrageteilnehmer*innen, vor allem Familien mit Kindern, haben durch das HO die Möglichkeit, mehr Zeit mit ihren Kindern zu verbringen und das Homeschooling besser zu handhaben. Einkäufe und Haushaltsaufgaben können ebenfalls spontan eingeschoben werden.

Welche Herausforderungen bringt das HO mit sich und wie werden diese bewältigt?

Ausstattung und Technik

Die Standard-Ausstattung, bestehend aus Laptop, einem weiteren Bildschirm, Head-Set oder Kopfhörer, einem Tisch und Stuhl, ist bei den meisten unserer Befragten vorzufinden. Ein verstellbarer Schreibtisch ist jedoch eine Seltenheit.

Eine Herausforderung stellt gelegentlich der WLAN-Empfang zuhause dar. Außerdem nutzt ein kleiner Teil der Befragten noch keine Programme wie Microsoft Teams oder ähnliche Kollaborations-Tools, um die Kommunikation und die virtuelle Zusammenarbeit zu vereinfachen. Hier besteht Ausbaupotential.

Platz und Ablenkung

Von zuhause aus wird laut unseren Befragten an unterschiedlichen Plätzen gearbeitet. Manche haben sich im Zuge von Corona eine Büro-Ecke eingerichtet, andere genießen die Ungestörtheit in einem separaten Arbeitszimmer. Einige Familien mit Kindern teilen sich den Raum. So schilderte diese Gruppe, dass gelegentlich auch das Zimmer der Kinder zum Arbeiten genutzt wird, wenn diese abwesend sind. Im Frühjahr kam es auch vor, dass Kinder und Eltern gemeinsam am großen Esstisch saßen.

Dementsprechend lässt sich sagen, dass die üblichen Ablenkungen zwar wegfallen, dafür aber neue Formen auftreten. Dazu zählen die ungewohnte Geräuschkulisse und verschiedene Aktivitäten bezüglich des Haushalts oder Einkaufs, die im Homeoffice nebenbei ausgeübt werden können.

Teilt man sich den Raum zum Arbeiten, ist eine klare Kommunikation unabdinglich. Es sollte von vornherein abgestimmt werden, wann man den Raum ungestört für Telefonate nutzen möchte oder wann ein gemeinsames Arbeiten am selben Arbeitsplatz möglich ist. Ein fester Plan ist ebenfalls nützlich, damit Haushaltsaktivitäten nicht willkürlich eingeschoben werden. Auf diese Weise kann man versuchen, diesen Ablenkungen zu entgehen.

Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Leichtere Vereinbarkeit von Familie und Beruf bedeutet aber gleichzeitig auch, dass die sonst klaren Grenzen zwischen diesen beiden Sphären aufweichen und längere Arbeitszeiten die Folge sind. Ohne ein separates und abschließbares Arbeitszimmer können die meisten unserer Befragten sich nicht physisch und mental von der Arbeit lösen. Aus diesem Grund ist es wichtig, den Laptop bewusst zu schließen oder gar „wegzusperren“ und nach Feierabend nicht mehr „nur mal kurz die Emails [zu] checken“.

Selbstdisziplin und Planung sind dabei das A und O im HO, genauso wie feste Zeiten für Pausen zu blocken und diese wirklich nur dafür zu nutzen. In dieser Zeit sind keine Anrufe entgegenzunehmen, keine Emails zu beantworten und nach Feierabend sollte man auch tatsächlich nicht mehr erreichbar sein. In dieser Hinsicht beharren EU-Abgeordnete derzeit auf die Wichtigkeit Ihres vorgeschlagenen Rechts auf Nichterreichbarkeit („Right to Disconnect“), welches im Januar 2021, mit dem Ziel dieses als Grundrecht niederzuschreiben, im Plenum diskutiert werden soll.

Fehlender Kollegenkontakt

Eine große Herausforderung ist der fehlende persönliche Kollegenkontakt. Kleine Kaffeepausen und kurze Austauschmöglichkeiten, die im Büroalltag förderlich für Inspirationen und Ideen sind, fallen weg. Läuft z.B. ein Telefonat nicht wie erwartet, besteht danach nicht sofort die Möglichkeit, der Sache persönlich auf den Grund zu gehen. So werden bestimmte Themen meist erst später, wenn überhaupt und bei einer günstigen Gelegenheit angesprochen.

Um den Kollegenkontakt aktiv zu fördern, sollten bewusst Kontaktpunkte gesetzt werden. Unternehmen führen zum Beispiel Unternehmen virtuelle Kaffeepausen für den informellen Austausch ein oder schicken kleine Pakete an Kollegen nach Hause, um Nähe zu schaffen und den Kollegenkontakt aufrecht zu erhalten.

Wie sieht das optimale HO-Erlebnis aus?

Als Grundlage für das optimale HO-Erlebnis haben unsere Teilnehmer einstimmig eine vernünftige Ausstattung gefordert, die im Idealfall auch vom Unternehmen gestellt bzw. subventioniert werden soll. Anstelle des oftmals sehr teuren höhenverstellbaren Tischs haben einige Befragte vorgeschlagen, einen Tischaufsatz zu nutzen, um so das Arbeiten im Stehen zu ermöglichen.

Des Weiteren schlagen unsere Befragten diverse Möglichkeiten vor, wie eine angenehme Arbeitsatmosphäre auch zuhause geschaffen werden kann. Einige machen sich morgens wie gewohnt fertig und setzen sich im Arbeits-Outfit an den Schreibtisch. Ein Befragter läuft jeden Morgen seinen Arbeitsweg zur U-Bahn und wieder zurück, um sich auf die Arbeit einzustimmen. Die richtige Beleuchtung und ein aufgeräumter Schreibtisch inklusive Pflanzen im Raum tragen zudem besonders zu einem angenehmen Arbeitsflair bei. Oft hilft es auch, während des Arbeitens eine schöne Fenster-Aussicht zu haben. Ebenfalls ist es motivierend, gelegentlich den Arbeitsplatz zu wechseln und in der Wohnung bzw. im Haus zu rotieren.

Zusätzlich wurde der Wunsch nach Weiterbildungs- sowie Remote-Sportkursen für das HO geäußert.

Allgemein bleibt festzuhalten, dass sich für unsere Befragten aus der HO-Situation mehr Möglichkeiten als Herausforderungen ergeben. Auch jene, die dem HO anfangs skeptisch gegenüberstanden, sind positiv überrascht worden. Um die Konzentration und Produktivität im HO zu erhalten bzw. gar zu steigern, sind jedoch viel Selbstdisziplin und Planung entscheidend. Fast einstimmig gilt jedoch, dass eine Arbeitswoche, ausschließlich bestehend aus HO, auf Dauer nicht zufriedenstellt und daher ein Mix aus beiden Varianten erstrebenswert ist.

 Prognose

Den Abschluss unserer Gespräche bildete ein Blick auf die Zukunft, um herauszufinden, welche Erwartungen und Wünsche sich aus der neuen Situation ergeben.

Da nicht jeder auf das HO eingestellt ist oder über genügend Platz verfügt, erwarten unsere Befragten neue und praktischere Konzepte, welche sie durch das HO begleiten und leiten. Diese sollen sich mit folgenden Fragen beschäftigen: Wie kann ein optimaler Arbeitsplatz in kleinen Nischen und Ecken eingerichtet werden? Wie und welche Möbel können multifunktional genutzt werden? Wie kann man seine Arbeitsweise wechselhaft gestalten? Darunter fällt auch die Frage, wie bestimmte Räumlichkeiten zu Büroplätzen umfunktioniert werden können, wie also zum Beispiel Tiny Houses oder Container in unmittelbarer Nähe sowie Hotel-Zimmer für diesen Zweck genutzt werden können.

Allgemein wird erwartet, dass sich der Markt an Büromöbeln über eine längere Periode hinweg positiv entwickelt und gleichzeitig Büroflächen abnehmen und diese für andere Zwecke genutzt werden.

Darüber hinaus vermuten unsere Befragten, dass sich zukünftig eine gleichbleibende Gewichtung zwischen HO und Büroarbeit einpendelt. Gleichzeitig wünschen sie sich jedoch, dass die Entscheidung darüber, von welchem Ort aus sie arbeiten möchten, jedem selbst überlassen wird.

Für ein erfolgreiches Arbeiten im HO wird der Einsatz von Mitarbeitern und Unternehmen gefordert, um gemeinsam eine ausgeglichene Work-Life-Balance zu erreichen und die geistige sowie körperliche Gesundheit der Angestellten nachhaltig zu fördern. Nur so können die mit dem HO verbundenen Chancen und Vorteile genutzt werden.

 

Wenn Sie nähere Informationen zu unseren Interviews und den daraus gewonnen Erkenntnissen erhalten möchten, freuen wir uns über Ihre Kontaktaufnahme!

 

 

 

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